Samstag, 12. Dezember 2015

Was interessiert uns fremdes Elend

aus Facebook
In dem Forum: http://aufzurwahrheit.com/thread/3563-fremdes-elend/ lauteten Forumssbeiträge "Fremdes Elend ist das was es ist. Fremd." oder "... was interessiert mich das Leid anderer Menschen, solange ich davon nicht betroffen bin?"

"Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst!" "und wenn er Flüchtling ist oder schwul", "Hast du was an den Ohren." Jesus hat darauf also eine ganz eindeutige Antwort.

Ich selbst bin aus der Kirche ausgetreten, weil ich nicht an Gott glaube. Aber wenn ich diese Aussprüche höre, denke ich diejenigen, die sich christlich nennen, sollten besser wegen Heuchelei aus der Kirche austreten. Wiegesagt, ich glaube nicht an Gott, aber mir wird trotzdem ganz übel, wenn ich diese Sprüche höre.
Immanuel Kant hat einmal geschrieben: "Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir."
Jesus hat eigentlich nur das moralische Gesetz gelehrt, dass jedem Menschen innewohnen sollte. In einer Zeit in der Flüchtlingsheime angezündet, oder Wutbürger auf die Straße gehen, damit Flüchtlinge in den Krieg zurück geschickt werden, frage ich mich, was vom "moralischen Gesetz in mir" übrig geblieben ist.

Diejenigen, die so steinharte Herzen haben und es fertig bringen, Menschen in Tod und Elend zurück zu schicken, haben die überhaupt ein Herz, gehören sie in die soziale menschliche Gemeinschaft? Solange Nächstenliebe nur für sich selbst oder für die nächsten Familienmitglieder da ist, ist das keine Nächstenliebe, sondern Egoismus in seiner reinsten Form. Solche Egoisten haben unsere menschliche Gemeinschaft nicht verdient.

Die Egoisten gehen davon aus, dass Hilfbedürftigkeit selbst verschuldet ist. Oder sie unterstellen den Hilfsbedürftigen kriminelles Verhalten. Oder es wäre aussichtslos zu helfen, weil die Hilfe nicht ankommt. Ausreden für den Egoismus gibt es viele. Brutal sind sie alle.

Nun will ich Nächstenliebe nicht bis zur Selbstaufgabe fordern. Es stimmt, Nächstenliebe kann nicht unendlich sein. Nächstenliebe darf nicht dazu führen, dass man selbst hilfebedürftig wird. Man muss also irgendwo eine Abwägung machen, bis wohin die Nächstenliebe gehen kann. Nächstenliebe heißt nicht, Geld zu geben für Menschen weit weg. Geldspenden dürfen doch kein Ablasshandel sein! Nein, Nächstenliebe heißt auch, mit seinen Mitmenschen gesellig umzugehen. Kontakte zu pflegen. Guten Tag zu sagen. Rücksichtsvoll Auto fahren. Allein mit dem Einhalten der guten Benimmregeln ist auch schon viel getan. Um Nächstenliebe zu praktizieren, brauchen wir keine "Mutter Theresa", kein Held zu sein. Wie wir miteinander umgehen, auch mit dem Außenseiter, auch mit dem Fremden, zeigt welch Geistes Kind wir sind. Geldmünzen in den Klingelbeutel zu werfen, aber gleichzeitig auf die Straße gehen und zu rufen: "Ausländer raus", dass passt wahrlich nicht zusammen. Für den Mitmenschen, auch den fernen Mitmenschen, da zu sein und warmen Herzens zu begegnen ist etwas, was unsere Welt deutlich lebenswerter, wärmer macht.

Es gibt keinen zwingenden Grund, hilfsbereit zu sein. Wenn sie Glück haben, kommen Egoisten möglicherweise auch gut durch Leben solange sie nicht selber krank und hilfsberürftig werden. Das ist es, was Egoisten übersehen. Sie glauben, sie sind die ewig leistungsfähigen. Ihnen könne nichts passieren. Wenn aber doch, sind sie auf die Hilfe angewiesen, die sie anderen Mitmenschen vehement verweigern.
Nächstenliebe wie eine Versicherung anzusehen, um Anspruch auf Unterstützung für die eigene Person zu haben, ist zwar nachvollziehbar, ist aber auch nicht im Sinne der moralischer Gesetze in mir, noch nach christlicher Ethik. Solche berechnende Nächstenliebe wird von mir verachtet. Das kann es nicht sein.

Ich habe die Hoffnung, dass der moralisch gesunde Mensch soviel moralisch Gesetze in sich verspürt, dass ihm nicht gesagt werden muss, was gut und böse ist.

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